Island II – Rund um Landmannalaugar

An der Ringstraße war es richtig voll. Touristen aus Frankreich, Amerika, Spanien und sehr viele Asiaten. Es sind überwiegend Mietwagen unterwegs, darunter auch Wohnmobile und günstige kleine Kastenwagen, wie z.B. VW Caddy, die zum Mini-Camper umgebaut wurden. Wir stocken unsere Vorräte auf und fahren wieder ins Hochland, Richtung Landmannalaugar.

Dabei nehmen wir aber nicht die Hauptpiste F208, die bereits 4×4 erfordert, sondern eine noch kleinere: Von der Ringstraße kurz auf die 209, von der dann die F232 abzweigt. Wir kommen ganz gut voran, die Landschaft wechselt zwischen grün und schwarz, Lava und Sandpiste.

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Wir queren eine Furt oberhalb eines Wasserfalls, wobei spektakuläre Bilder entstanden sind. Genau solche Bilder habe ich einmal in einem anderen Island-Bericht gesehen und habe lange danach gesucht, wo diese entstanden sein könnten, jedoch ohne ein Ergebnis. Jetzt bin ich umso erfreuter, dass wir zufällig diese Stelle gefunden haben.

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Natürlich gibt es noch viele weitere Furten und einen sehr schönen Wasserfall erneut ganz für uns allein.
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Aber auch die Toilette hier, ein im Berg versteckter Container ist erwähnenswert.

Damit uns der Topf mit dem Chili von gestern nicht durch die Gegend fliegt, habe ich ihn mit einem Spanngurt an dem Boden der Dusche befestigt. Funktioniert super.
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Weniger gut war die Idee, die neue Flasche Olivenöl oben in den Schrank zu stellen. Bei einer Pause stellen wir fest, dass die Flasche umgekippt und aufgegangen ist. Der Hängeschrank ist voller Öl, welches auch schon vorn und an den Seiten herausgelaufen ist. Und zwar an der Wand hinunter, über und neben dem Fenster bis in das Rollo und Fliegengitter, von wo es dann bis auf die Arbeitsplatte und auf den Fußboden getropft ist. Eine riesige Sauerei. Also sind wir erstmal mit Saubermachen beschäftigt. Alles was im Schrank war wird entweder entsorgt oder in eine unserer Ikeakisten gepackt. Dann nehme ich das Rollo auseinander, aber das Öl bekomme ich hier nicht ohne Weiteres wieder aus dem Rahmen. Das muss ich zu Hause machen. So gut es geht, saugen wir das meiste mit Küchenrolle heraus und bauen es wieder an. Kann ja nicht kaputt gehen, sieht nur schmierig aus.
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Chaos im Auto beim großen „Entölen“
Weiter geht es durch hügelige Landschaft. Die Route macht Spaß und die Sonne scheint. Wir zweigen nach rechts auf die F210 ab, die dann in die F232 übergeht. Diese beinhaltet ein paar steile Abfahrten, und bringt uns schließlich auf die F208. Während dieser fünfstündigen Tour ist uns nur ein Auto entgegen gekommen. Jetzt steuern wir das nächste Camp an. Wie im Bilderbuch sieht es aus.
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Wir erfahren, dass die F208 gerade gesperrt war, weil Teil eines Gletschers abgebrochen war und so viel Wasser freigesetzt wurde, dass die Furten unpassierbar waren. Außerdem wurde das Gebiet letzte Woche evakuiert, weil durch vulkanische Aktivitäten zu viel Schwefelgas in der Luft war. Wir haben also wieder richtig Glück, jetzt hier sein zu können.
Als wir am nächsten Tag weiterfahren, sind wir erneut schockiert, wie viele Menschen doch hierher kommen. Zwei Hochland-Reisebusse fahren vor uns, ein paar SUV hinter uns und in der Eldgjá-Schlucht laufen bestimmt dreißig Touristen herum. Also weiter nach Norden, wo wir auf die F235 abzweigen. Auch diese Piste ist in gutem Zustand und wir kommen schnell voran. Nach dem nächsten Abzweig erwartet uns schon wieder ein Highlight: der Blautulón See. Ein Track ohne Namen führt zum See und durch den See hindurch. Man muss sich ganz nah am Ufer halten und fährt bestimmt 500 Meter durchs Wasser. Auch von diesem See habe ich schon Reportagen und Videos gesehen und hätte nie gedacht, dass ich selbst mal hier hindurch fahren würde.

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Auf der anderen Seite versuchen wir, baden zu gehen. Aber nur Christopher und Josi schaffen es ganz ins Wasser. Ich wusste gar nicht, wie sehr kaltes Wasser schmerzen kann.
Am Ende der F235 gibt es wieder ein Camp, diesmal sehr unwirklich an dem schönen See Langisjór. Ein Spültisch steht mitten im Nichts, das Wasser läuft einfach unten wieder auf den Boden und es ist eine Stelle ausgeschildert um Boote ins Wasser zu lassen. Wer bringt denn einen Anhänger mit einem Boot hier ins Hochland?!? Aber schön ist es schon.
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Auf dem Rückweg zur F208 nach Landmannalaugar fahren wir die Faxasundpiste, die fahrtechnisch wieder etwas anspruchsvoller ist. Ab und zu benötigen wir alle Sperren, um die teils sandigen teils felsigen Steigungen zu bewältigen. Nur ein Fahrzeug kommt uns auf der ganzen Strecke entgegen. Je näher wir auf der Hauptpiste F208 nach Landmannalaugar kommen, desto mehr Menschen begegnen uns. Am Ziel dann der Touristen-Schock. Die romantische Vorstellung, in einem natürlichen heißen Pool zu baden, verfliegt sofort bei dem Anblick der Massen.
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Bei den vielen bunt angezogenen Menschen und der kleinen Hütten erinnert alles ein wenig an einen Skiort. Und an Mordor, zumindest sieht es bei einer kurzen Wanderung danach aus, als wir eine Stelle passieren, an der heißer Dampf aus der Erde steigt.
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Der berühmte Hotpot, ein natürlicher Pool, der aus einer heißen Quelle gespeist wird, ist dauerhaft mit mehr als 20 Personen belegt, selbst abends bis in die Nacht hinein.
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Es gibt hier sogar eine Mountain Mall in Form alter Busse, wo man das Nötigste kaufen kann und der Kaffee sehr gut sein soll.
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Die Menschen stehen Schlange für die Toilette und für die Duschen. Unser Plan, am nächsten Morgen ganz früh baden zu gehen, geht auf: Um 4:45 Uhr (ja, richtig gelesen!) haben wir den Hotpot sogar eine ganze Stunde für uns allein und genießen den Sonnenaufgang im warmen Wasser. In dem Pool vermischt sich das Wasser der heißen Quelle mit einem kleinen kalten Bach, sodass es nicht eine gleichmäßige Temperatur hat, sondern zwischen richtig heiß und etwas kühler wechselt. Vor allem an der Oberfläche ist es sehr heiß. Am Einsteig ist sogar der steinige Boden angenehm warm, während der hölzerne Steg zum Pool noch vom Nachtfrost glitzert. Das frühe Aufstehen hat sich auf jeden Fall gelohnt.

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Wir verlassen das Camp in Richtung Norden. Auf der F208 gibt es jede Menge Gegenverkehr. Selbst als wir auf die F225 abbiegen, kommen uns mehrere Busse mit neuen Touristen entgegen. Erst auf der Hrafntinnusker, einer Piste ohne Nummer, sind wir wieder allein. Kein Wunder, denn die Strecke ist als schwierige Strecke im Trackbook markiert. In der Tat gibt mehrere sehr steile Auf- und Abfahrten, die wieder sämtliche Sperren und den kleinsten Gang in der Untersetzung erfordern. Manchmal hoffe ich, dass wir nicht irgendwann umdrehen müssen und eine der steilen, ausgewaschenen Abfahrten umgekehrt wieder hinauf fahren müssen.
Die Furten sind kein Problem für uns. Die eigentlich Herausforderung für heute ist ein Schneefeld, das wir bergauf überqueren müssen und das auch eine leichte seitliche Neigung hat. Mit Schwung kann man nicht anfahren, denn direkt davor gibt es einige tiefe Längs- und Querrillen. Ich versuche es zuerst, komme aber trotz der Sperren nur eine Wagenlänge bergauf. Nach einigen Versuchen lasse ich Christopher probieren. Er kommt auch nur etwas weiter, aber nicht durch. Ich verringere den Luftdruck knapp 4 auf 1,8 Bar, um mehr Auflagefläche zu bekommen. Langsam und möglichst ohne durchzudrehen schaffe ich mehr als die Hälfte des Schneefeldes. Jetzt kommen die Schaufeln zum Einsatz, mit denen wir Lavasand vor die Reifen streuen. Das bringt wieder drei Meter. Wir wiederholen das Prozedere und unser Mercedes wühlt sich schließlich durch den Schnee. Genauso bringen wir dann auch den MAN nach oben. Wir feiern kurz unseren Sieg und haben gar nicht bemerkt, dass die ganze Aktion länger als eine Stunde gedauert hat.
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Trotzdem ist es noch früh genug, einen Abstecher zur „Eishöhle“ zu machen. Wir müssen noch zwei weitere Schneefelder überqueren, die sind aber beide kein Problem. Erneut ist es sehr unwirklich hier, wie auf einem anderem Planeten oder in Mordor. Überall tritt Dampf aus der Erde, es zischt aus Löchern im Boden und Wasser blubbert. Der Boden ist verfärbt.
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Die Nacht verbringen wir an der Dalakofinn-Hütte und lassen uns von dem starken Wind in den Schlaf schaukeln.
Am nächsten Morgen ist es sehr bewölkt und regnet. Wir beschließen die F210 nach Südosten zu fahren. Die Berge sind alle mit einer grünen Moosschicht überzogen, ein toller Kontrast zum schwarzen Lavasand. Leider ist es eher neblig, aber bei Sonne muss es noch großartiger aussehen. Wir hatten gehofft, dass wir am Álftavatn kiten können, aber es war Nieselregen und kein Wind. Hier kreuzt der Wanderweg von Landmannalaugar, der Laugavegur, die Piste und wir sehen viele wasserdicht eingepackte Wanderer. Aus der Ferne und im Nieselregen könnten es Zombies, wie bei „The walking dead“ sein.
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An einer Gablung wechseln wir auf die F261. Ich weiß nicht mehr, an welcher Stelle genau, aber irgendwo hier mussten wir zwei Flüsse furten, die bisher die tiefsten waren, dazu noch große Steine im Flussbett, die den LKW ordentlich durchgeschaukelt haben.
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Auch am Einhornberg kommen wir vorbei.
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Einige Kilometer bevor wir endgültig das Hochland verlassen und wieder auf die Asphaltstraße kommen, sehen wir links das Camp Húsadalur in der Þórsmörk. Ebenfalls ein sehr beeindruckendes Gebiet, jedoch müssten wir über 60 Kilometer Umweg fahren, um dorthin zu gelangen, weil es keine andere Möglichkeit gibt, das mehrere hundert Meter breite Flussbett des Markarfljót zu überqueren. Vermutlich ist es dort auch voll, denn wir können wieder ein paar große Touristenbusse aus der Ferne sehen. So steuern wir mittlerweile auf der Ringstraße in Richtung Reykjavik und fahren noch ein Stück am Meer entlang, als wir plötzlich zwei Kites am Himmel sehen. Es ist schon kurz vor sechs, aber wir halten an und gehen auch aufs Wasser, zusammen mit den Locals. Die erste Session auf Island. Wir sind zwar dick eingepackt aber es ist gar nicht so kalt wie wir dachten. Scheinbar sieht man hier nicht oft Kitesurfer, denn ständig halten Autos an und die Leute machen Fotos von uns. Sogar ein Touristenbus hält an, alle springen raus, machen Fotos und springen wieder rein. Irgendwie witzig. Später erzählen uns die Locals, dass es nur knapp 20 Kiter auf Island gibt.
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Erst um halb zehn erreichen wir unseren Schlafplatz, ein kostenloser Campingplatz 60 Kilometer vor Reykjavik, auf den uns Sandra und Frank aus München hingewiesen hatten.
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Schnell noch Nudeln kochen, ein Bier und ab ins Bett. Dass wir heute so viel Strecke schaffen (190 Kilometer) und sogar noch aufs Wasser kommen, hätten wir nicht gedacht. Da wir an der Südküste keinen geeigneten Kitespot mehr finden und man für die Blaue Lagune eine Online-Voranmeldung braucht, gucken wir uns auf der Halbinsel Reykjanes nur noch das geothermische Gebiet Gunnuhver an, aus dem in großen Mengen heißer Dampf steigt, sowie die Brücke zwischen den Kontinenten.
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Die Brücke überspannt den Graben zwischen der eurasischen und der nordamerikanischen Kontinentalplatte, der sich jedes Jahr um einige Millimeter vergrößert.
Schließlich kommen wir in der Hauptstadt Reykjavik am City Camping an, von wo aus wir die nächsten zwei Tage die Stadt besichtigen.

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