Nachdem wir uns den Dettifoss noch einmal von der imposanten Ostseite angesehen haben (die Bilder dazu gab es schon hier), fahren wir einige Kilometer auf der Ringstraße, die hier auch landschaftlich etwas zu bieten hat.
An der Straße 901 finden wir den weitläufigen Campingplatz Fjalladyrd in Möðrudalur. Das ganze Dorf besteht nur aus ein paar Häusern und wirkt wie ein einziges Museum.
Der Platz ist eigentlich eine Farm, die Dächer sind mit Gras bedeckt und die ganze Anlage erinnert eher an Namibia. Wir parken ganz außen und haben kilometerweit freie Sicht auf das weite Land und die nächsten Berge.
Knapp einhundert Kilometer haben wir uns als nächste Etappe vorgenommen. Über die Pisten 901, 907, 923, F923 und F909 wollen wir bis Snæfell fahren. Alles Pisten. Da die jedoch bis auf die letzten zwanzig Kilometer in sehr gutem Zustand sind, kommen wir viel schneller voran als erwartet.
Weil es noch so früh ist, wollen sich Andrea und Christopher noch einen Gletscher ansehen und wir haben noch einen Hotpot auf der Karte gefunden, von dem wir auch schon gehört hatten: Laugarvellir. Dazu müssen wir jedoch noch einmal eine halbe Stunde auf der 910 die gleiche Strecke fahren, die wir am ersten Tag schon gefahren sind. Belohnt werden wir mit dem schönsten und heißesten Pool, in dem wir hier baden waren. Das warme Wasser plätschert über zwei kleine Wasserfälle in den Pool. Man kann sogar hinter den Wasserfall gehen.
Dreimal gehen wir uns im Fluss abkühlen, weil es so warm ist. Als wir so in der Sonne liegen und uns die Wasserfälle betrachten, taucht plötzlich über dem rechten Wasserfall, nur drei Meter von uns entfernt, ein Schafskopf auf, dann das ganze Schaf und schließlich noch zwei weitere. Die drei haben dort einfach gegrast und sind nach einigen Minuten wieder verschwunden. Was für ein schöner Moment. Leider hatte ich keine Kamera zur Hand. Als wir uns gerade wieder umgezogen haben, stürmt eine große Gruppe englischer Landrover-Fans den Pool. Da war unser Timing mal wieder richtig gut.
Wir übernachten an der Hütte in Snæfell und starten am nächsten Morgen eine Wanderung auf den Gipfel des gleichnamigen Berges, der noch mit Eis und Schnee überdeckt ist. Nach einer knappen Stunde beginnt es auch schon zu schneien.
Die Sicht wird immer schlechter. Auf halber Strecke beginnen erste Schneefelder, darunter Eis. Es geht steil bergauf. Ohne den Schnee hätten wir diese Steigung auf dem Eis wohl nicht bewältigt. Der Wind weht ständig neue Wolken den Berghang hinauf, so dass man plötzlich nur noch wenige Meter weit gucken kann.
Wo der Schnee beginnt, enden die Wegmarkierungen. Wir folgen jetzt den Fußspuren zweier Pärchen, die vor uns gestartet sind. Mittlerweile laufen wir schon drei Stunden und müssen immer wieder kurze Pausen einlegen.
Den Gipfel kann man in den Wolken nicht sehen. Sowieso ist es sehr schwer, die Orientierung zu behalten, da man keinen Unterschied zwischen Himmel und Schnee sehen kann. Sogar das Gleichgewicht zu halten, wird schwierig. Einzig die Konturen der Spuren im Schnee sind eine Hilfe.
Es wird immer mehr ein Kampf gegen den eigenen inneren Schweinehund. Als uns die anderen Wanderer von oben entgegen kommen, ermutigen sie uns, dass es nur noch zweihundert Höhenmeter seien. Wir sollen einfach ihren Spuren folgen, aber bloß nicht die Spuren verlassen. Als wir kurz wieder bessere Sicht haben und das Schneegestöber für einige Minuten aufhört, sieht man auch warum. Wir laufen gerade auf dem Kamm eines Berges und auf beiden Seiten geht es steil nach unten.
Danach geht es an einem schrägen Hang weiter bergauf. Auch gegenseitig motivieren wir uns, weiter zu gehen. Wir müssten doch bald oben sein?! Die letzten Meter werden zu Kilometern. Dann reißen die Wolken kurz auf und wir sehen endlich den Gipfel!
Ein gutes Gefühl, nicht aufgegeben zu haben und auf 1833 Metern Höhe angekommen zu sein. Oben essen und trinken wir etwas, machen Fotos und staunen über die Höhe, sofern die Wolken die Sicht nach unten freigeben. Das war kein Spaziergang. Die anderen Wanderer hatten GPS, Wanderstöcke und Spikes unter den Schuhen. Ohne deren Spuren hätten wir den Weg alleine nicht gefunden. Wir haben die 1000 Höhenmeter in unseren normalen Wanderschuhen geschafft.
Für den Aufstieg haben wir vier Stunden gebraucht, für den Abstieg nur zweieinhalb. Auch der war kurz noch einmal knifflig, da die alten Spuren zugeschneit und verweht und somit fast nicht mehr zu sehen waren. Alle sind schließlich völlig geschafft aber zufrieden. Wir fahren zurück zur Hütte und gehen heute sehr früh schlafen.
Auf dem Weg aus dem Tal heraus, passieren wir eine extrem grüne Senke, die besonders vor dem schwarzen Hintergrund sehr heraussticht.
Als wenn das noch nicht schön genug wäre, läuft uns dann auch noch eine Herde Rentiere vor das Auto beziehungsweise vor die Kamera. Dass wir diese scheuen Tiere hier noch zu sehen bekommen, hätten wir nicht mehr gedacht. Ein wahnsinniger Anblick.
Zurück fahren wir noch etwas über einen Track namens Sanddalur, der von der F909 abgeht. Der Track ist nirgends erwähnt, aber erneut sehr schön. Er führt uns von der Rückseite am Snæfell und vorbei an zwei weiteren Wasserfällen.
Passend dazu steht etwas weiter nahe der 910 noch diese Säule und weist die Himmelsrichtungen aus.
In wenigen Kilometern endet das Hochland, welches wir über die gleichen Serpentinen der 910 verlassen, über die wir es am ersten Tag erreicht haben. Der Hengifoss ist touristisch sehr beliebt, aber für uns nur noch eine Randerscheinung neben den Highlights, die wir heute und in den letzten Wochen so erlebt haben. Trotzdem wollten wir nicht einfach vorbeifahren.
Am letzten Tag vor der Abfahrt (ist der Monat schon vorbei??) wollen wir uns noch den Fjord nördlich vom Hafen in Seyðisfjörður ansehen. Das ist quasi eine Sackgasse und eine Strecke sind 140 Kilometer, davon die letzten 25 Kilometer Piste F946. Über steinige, steile Serpentinen schrauben wir uns mit Untersetzung und eingeschalteter Sperre bei Tempo 8 bis auf 480 Meter hoch. Genauso geht es auf 100 Meter wieder hinunter und über den nächsten 440 Meter hohen Pass über den zweiten Gebirgszug. Dazwischen liegt noch die kleine Bucht Húsavík, in der es nur ein Haus und eine kleine Kirche gibt.
Die Serpentinen bieten tolle Aussichten auf den Fjord. Zu Fuß könnte man in 12 Kilometern bis zum Fährhafen laufen, mit dem Auto muss man die ganze Strecke wieder zurück fahren.
Leider gibt es die Hütte in dem Fjord nicht mehr, so dass wir in Bakkagerði unsere letzte Nacht auf Island verbringen. Die umliegenden Berge haben die gleichen Farben, wie die in Landmannalaugar.
Die letzte Piste ist noch voller Pfützen und sorgt noch einmal für einen neuen Rekord, was den Dreck am Auto angeht. Unter der Kabine ist alles mit einer Sandschicht überzogen, die Spritzer an der Seite gehen bis zum Dach und das Heck hat inklusive Reifen eine einheitliche Farbe, fällt allerdings bei unserer Lackierung nicht so auf. Ich hoffe, es kommt auf den Bildern etwas rüber.
Auf dem Weg zurück entdecken wir einen See neben der Straße, den wir im Nebel am Tag davor nicht bemerkt haben. Er liegt bestimmt 200 Meter hoch und im Hintergrund sieht man das Meer. Das wäre auch eine gute Location für ein paar spektakuläre Kitebilder.
Am Mittwochabend checken wir schließlich wieder auf der Fähre ein.
Für ein Fazit ist es noch zu früh. Wir müssen die ganzen Eindrücke erst einmal verarbeiten. Fest steht aber, dass Island ein Land voller Extreme ist, mehr als wir gedacht haben. Die Natur ist hier allgegenwärtig. Wir haben eine sehr beeindruckende Reise hinter uns, an die wir noch oft zurückdenken werden.