Ich frage mich gerade selbst, wie bekloppt man sein muss, um für eine Woche zum Kitesurfen in den Oman zu fliegen. Aber irgendwie ist es gerade deswegen auch wieder total abgefahren. Das Land reizt mich schon länger, keine Ahnung warum. Vielleicht weil man theoretisch auch mit dem Beach-Explorer hin fahren könnte. Diesmal reise ich nicht mit Josie sondern mit drei Freunden aus Hamburg: Timsel, Seb und Gunnar. Alle Fotos wurden mit dem Handy aufgenommen, daher ist manchmal die Qualität leider nicht die beste.
Die Anreise hat insgesamt circa 22 Stunden gedauert hat: 45 Minuten mit dem Auto zum Flughafen, eine Stunde allein für das Einchecken des Sportgepäcks weil Lufthansa und Oman Air unterschiedliche Buchungssysteme haben, eine gute Stunde Flug nach München (mal wieder mit Verspätung) und etwas über sechs Stunden Flug nach Muscat. Der Flieger ist so leer, dass wir jeder eine komplette Viererreihe zum schlafen haben.
Wind und Temperatur sind ähnlich wie in Brasilien, zumindest an der Küste. Auch das Wasser hat zwischen 28 und 30 Grad. Die Hitze erschlägt uns sofort als wir den klimatisierten Flughafen verlassen und das Auto, einen Nissan Pathfinder, abholen. Das Gepäck inklusive zweier Boardbags passt gerade so rein.
Auf dem Weg nach Süden ist es zunächst sehr bergig. Die Temperatur steigt auf 42 Grad. Die Straßen sind in sehr gutem Zustand. Kein Vergleich zur A1 oder A7. Wir passieren nur wenige Orte. Je weiter wir nach Süden kommen, desto karger wird es, alles sehr ähnlich wie im Süden Marokkos.
Die Fähre in Shannah ist schon fast voll. Alle müssen rückwärts drauf fahren. Los geht’s erst, wenn die Fähre ganz voll ist, und so müssen wir ne halbe Stunde warten, bis die letzten sechs Plätze belegt sind. Während der 1,5 stündigen Überfahrt sitzen alle in ihren Autos. Bei laufendem Motor und Klimaanlage, weil es anders nicht auszuhalten ist. Ich verschlafe die ganz Fahrt.
Nach weiteren zehn Minuten sind wir dann endlich da im Masirah Island Resort.
Es gibt nicht viele Hotels auf der Insel. Dieses hier scheint das beste zu sein. Es hat 22 Zimmer, von denen nur die Hälfte belegt sind, hauptsächlich mit Kite- oder Windsurfern.
Nachdem wir alle richtig gut geschlafen haben, geht’s am nächsten Morgen los mit der Erkundung der Insel. Die Landschaft ist sehr karg. Es gibt ein paar Berge, Stein- und Sandwüste mit den dazugehörigen Tieren: Kamele und Ziegen.
Da die Insel nur 50 Kilometer lang ist, schaffen wir es schon fast alle bekannten Kitespots einmal abzuchecken.
Die Windvorhersage ist für die ganze Woche sehr gut. Gegen Mittag gehen wir bei sehr schön laufender Welle aber extrem böigen Wind an der Ostküste bei Rad al Ya aufs Wasser. Schuhe sind Pflicht bei steinigem Untergrund. Ich nehme den 7er, was eine gute Wahl war.
Nachmittags fahren wir rüber zur Westküste nach Marsays. Hinter einer Mole ist feines glattes Wasser. Zwei große Boote legen an, sodass wir weniger Platz haben und wir fahren spontan rüber zur drei Kilometer entfernten, vorgelagerten Insel. Dort finden wir eine viel größere Spielwiese, ebenfalls glatt bei ablandigem Wind. Etwas gruselig sind die vielen Vögel, die die Insel bevölkern und beim Kiten um uns herum fliegen. Als wir zurück sind, unterhalten wir noch etwas die Fischer, die bei hohen Sprüngen immer jubeln. Schließlich merken wir, dass wir für den ersten Tag schon wieder viel zu lange auf dem Wasser waren. Alle sind platt.
Das Auto lassen wir voll beladen auf dem gesicherten Hotelparkplatz stehen. Am nächsten Tag fahren wir bei angesagten 3,8 Metern Welle in Kazhit, dem besten Wellenspot der Insel. Die Höhe kommt tatsächlich hin und die Wellen sind auch richtig gut. Hier ist sogar mal was los. Fünf andere Kiter und zehn italienische Windsurfer kämpfen um die besten Wellen. Timsel und Seb machen noch einen Downwinder. Dann fahren wir einmal im Süden um die Insel herum und gucken uns den Flachwasserspot Kaib an. Hier ist immer viel weniger Wind, sodass man zwei bis drei Quadratmeter mehr bräuchte. Die Landschaft und das trübe Licht erinnern an Mad Max.
Eine Bucht weiter gehen wir nochmal bei Flachwasser raus. Ich finde hinter einer kleinen Insel wieder spiegelglattes Wasser. Mit 7 und viel Druck gibt’s eine richtig gute Loopsession.
Vor der Insel sehe ich sogar eine große Schildkröte. Von denen gibt es hier jetzt richtig viele. In unserem Hotel gibt es viele Infotafeln über die verschiedenen Arten, die hier leben.
Am nächsten Morgen muss ich zunächst meinen 7er Kite reparieren. Ich finde einen 2 Millimeter großen Dorn und mehrere winzig kleine Löcher, die schnell geflickt sind.
Eigentlich wollten wir noch einen Spot im Norden ansehen, aber ein Sandsturm macht es unmöglich, den richtigen Weg zu finden.
Dann fahren wir zum gleichen Wavespot wie gestern, machen aber vorher noch einen Abstecher offroad durch ein ausgetrocknetes Flussbett ins Inselinnere. Die Farbe der Felsen wechselt ständig und wir finden einen intakten Brunnen.
Während die anderen schon auf dem Wasser sind, finde ich neben dem vielen Müll auch die Reste einiger Tiere am Strand.
Am späten Nachmittag finden wir an der Ostküste wieder einen unbekannten Spot für uns allein. Gleich bei meinem dritten Loop verliert der Kite schlagartig Luft und fällt in sich zusammen. Ich löse sofort aus. Zum Glück kann ich noch stehen und zurück laufen.
Ohne Luft im Kite hätte ich mich nicht mal an Land ziehen lassen können und wäre einfach an der Insel entlang getrieben. Zum Glück ist das nicht passiert als wir zu der 3 Kilometer entfernten Insel gekitet sind. Oder in den Wellen wo der Wind leicht ablandig ist. Morgen früh suche ich dann zum zweiten Mal innerhalb eines Tages nach der Ursache des Luftverlusts. Für den Moment muss ich mich mit meinem 6er begnügen. Damit komme ich heute trotzdem immerhin auf 10,7 Meter Sprunghöhe.
Um den 7er erneut zu reparieren, habe ich mir extra einen Wecker gestellt. Am gestern reparierten Ende ist die Tube geplatzt, zum Glück nur ein kleines Loch, das ich allerdings mit vier Patches flicken muss bis es dicht ist.
Wir versuchen erneut, den Spot im Norden zu erreichen, aber die komplette Nordinsel ist militärisches Sperrgebiet und umzäunt. Als wir tanken wollen, hat die Tankstelle Mittagspause! Sowas gibt’s? Erst bei der dritten haben wir Erfolg. Ein Liter Benzin kostet hier nur 47 Cent! Es folgt der gewohnte Tagesablauf: Erst zum Wavespot.
Hier ist viel weniger Wind als gestern. Zwischen den zwei bis drei Meter hohen Wellen ist das Wasser spiegelglatt und ich erwische ein paar gute Wellen an der steilsten Stelle.
Dann geht’s wieder auf die andere Seite zu einem unbekannten Flachwasserspot, den wir zufällig von der Straße aus erspähen. Hier ist extrem viel Wind, sogar mehr als gestern. Timsel stellt mit seinem 8er seinen neuen Höhenrekord auf: 16,4 Meter. Auch ich knacke meinen Rekord mit dem 7er und schaffe 13,6 Meter. Damit landen wir ganz vorn in der asiatischen Bestenliste. Sogar in der Jahresliste des Oman liegen wir vorn.
Als ich in der Liste oben „Steven Slingshot“ gelesen habe, wurde ich stutzig. So heißt jemand, den ich letztes Jahr in Tatajuba kennengelernt habe. Und tatsächlich: wir treffen ihn bei Kiteboarding-Oman in Sur Masirah, wo er gerade als Kitelehrer arbeitet. So klein ist die Welt. Es ist viel windiger als angesagt und so schaffe ich es dieses Mal auf Platz 1 der Bestenliste von ganz Asien.
Unterwegs sind noch diese schönen Fotos entstanden. Wie immer sind auch hier die Gotteshäuser viel besser in Schuss als die Häuser der Menschen, die hier wohnen.
Von allen Menschen, denen ich bisher im Ausland begegnet bin, sind die Omanis mit Abstand am höflichsten. Immer freundlich, Begrüßung oft mit Handschlag, zuvorkommend und hilfsbereit ohne aufdringlich zu sein. Nur ein einziges Mal wurden wir in der Stadt angesprochen ob wir Petroleum kaufen wollen, aber auch das war freundlich und nicht aufdringlich. Unser Kellner hat sogar extra seinen Chef angerufen und uns ein Glas Nutella organisiert.
Und als wir die Fähre für den Rückweg vor Ort buchen wollten, hat ein Omani einfach angeboten, das mit seiner Kreditkarte zu zahlen, weil wir nur Bargeld dabei hatten, und man nur mit Kreditkarte zahlen kann. Natürlich hat er das sofort in Bar zurück bekommen, aber es war einfach super nett.
Nur mit dem Müll haben sie es nicht so. Ich habe gesehen, wie Teenager einfach ihren Müll vor die Tür werfen und ein Hotelangestellter über die Hotelmauer. Irgendwo muss der Müll am Strand ja her kommen.
Selbst als wir nach der Rückfahrt von der Insel (dieses Mal mit einer moderneren fahren Fähre) zum Flughafen am Meer entlang und mit dem Nissan eine Sanddüne erklimmen, finden wir dort Müll vor. Und das nicht zu wenig.
Beim Versuch, von der Düne runter zu fahren, stecken wir nach zwei Metern im Sand fest. Wir lassen Luft aus den Reifen und kommen mit etwas Schieben schnell wieder frei. Bei nächster Gelegenheit wird wieder aufgepumpt.
Bei 45 Grad geht es nach Maskat. Die Landschaft wird wieder bergiger. Da wir noch Zeit haben, suchen wir uns eine Beachbar in einer sehr noblen Gegend „The Wave“, ähnlich wie die Hamburger Hafen City, oder das künstlich angelegte El Gouna. Neben einem Offroader aus den Niederlanden sehen wir in Maskat unglaublich viele Luxuskarossen und prachtvolle Häuser. Ein extremer Gegensatz zu den Bretterbuden der armen Fischer.
Nachdem wir das letzte Geld für leckeres Sushi ausgegeben haben, bummeln wir bei 39 Grad noch etwas durch diese noble Gegend, wo sogar die Luft vor! den Cafés und Restaurants mit großen Klimageräten gekühlt wird. Hier wurde richtig viel investiert.
Der Rückflug nachts war dann genauso entspannt wie der Hinflug. Jeder von uns hat sich eine Viererreihe gesichert, konnte sich lang hinlegen und schlafen.
Ich habe wieder ein völlig anderes Land mit sehr höflichen Menschen und anderen Kulturen kennengelernt, bisher das heißeste Land in dem ich gewesen bin, mit starken Gegensätzen, einer Mischung aus Tradition und Moderne.
Masirah ist kitetechnisch eine echte Perle: Sehr hohe (Stark-)Windwahrscheinlichkeit im Sommer aufgrund des Monsuns, ein paar richtig gute Wellenspots aber ebenso gute Flachwasserspots, auf denen man fast immer allein ist. Schuhe gehören auf jeden Fall ins Gepäck, da fast überall Steine im Sand sein können, den Neo kann man zu Hause lassen. Man braucht in jedem Fall ein Auto, 4×4 macht Sinn. Außer ein paar Fliegen hätten wir keine einzige Mücke oder andere fiese Stechtiere. Nur die Infrastruktur fehlt leider, ist sehr heiß und die Sonne nur in einem Dunstschleier zu sehen.
Die jeweils knappen 24 Stunden An- und Abreise haben sich auf jeden Fall gelohnt!
Danke an die Jungs! Es war ein sehr cooler Trip mit Euch.